Die offiziellen Fotos der Fête des Vignerons 2019 ZUR OFFIZIELLEN WEBSEITE Winzerfest
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1. – 9. AUGUST 1927 : DER ÄSTHETISCHE RÜCKZUG

Die strahlende Erinnerung, die das Winzerfest von 1905 in den Gemütern hinterlassen hatte, steigert 1927 die Erwartungen eines jeden beträchtlich.

Die Winzerbruderschaft wagt es nicht, grössere künstlerische Risiken einzugehen, und strebt danach, das Team von 1905 wieder aufzunehmen (Gustave Doret für die Musik und René Morax für das Libretto).  Letzterer lehnt das Angebot ab, während Doret sich von dieser neuen Herausforderung verlocken lässt, sowie auch Ernest Biéler, der 1905 mit Jean Morax für das Bühnenbild und die Kostüme zusammengearbeitet hatte.

DAS WINZERFEST TROTZ EINE IN DER KRISE STEHENDEN WEINBAUWELT

Die Welt des Weinbaus hat sich seit der beiden letzten Feste verändert: zahlreiche Winzer haben ihre Weinberge verlassen, um in den in Vevey neu geschaffenen Fabriken einen sichereren und regelmässigeren Broterwerb zu suchen. Viele, früher zum Weinbau bestimmten Gebiete werden der städtischen Entwicklung überlassen. Die künstlerische Wahl für dieses Fest stützt sich grösstenteils auf Tradition: man fühlt das Bedürfnis, sich an sicheren Werten festzuhalten. Man glorifiziert die Erde, die Heimat, die traditionsreiche Arbeit der Bauern und Winzer, man mischt die Kleidungsstile, die sich bereits bei den vorausgegangenen Festen bewährt hatten. Die Bühnenaustattung beruft sich nicht mehr auf die griechisch-römische Antike, sondern vielmehr auf unsere eigene Vergangenheit: eine Festungsmauer mit ihren Rundgängen, die sich nach den Hauptbefestigungstürmen und Ringmauern der Schlösser von Romont, Lucens, Estavayer und Gruyères richtet, dient dem Einmarsch der Gottheiten und der Statisten als Kulisse. In einer wirtschaftlich schwierigen Umwelt, in der die traditionellen Werte zu verschwinden drohen oder sich zumindest neuen Bedingungen anpassen müssen, stellt das Winzerfest einen Ort der Erinnerung und der Identität dar, durch den jeder versucht, indem er aus dem Urquell einer gemeinsamen Verganhenheit schöpfen kann, Hoffnung auf bessere Zeiten wiederzufinden.

Lied des kleinen Ziegenhirten

“Ich sing’ und oft ist mit schwer ums Herz. Fünfzehn werd’ ich im nächsten Herbst. Ich sing’ ganz allein im Felsgeröll, für nichts, für niemanden, den ganzen Nachmittag. Hodiriadu.

Im Morgengrauen mach’ ich mich auf den Weg zum Turm, meine Geib ist schlau. Auf dem ganzen Berg hört man das Geläut meiner leichtfüssigen Herde, mein Hund begleitet mich. Hodiriadu.

Der Rhododendron, der schöne Enzian, wenn wir heimkehren sind sie für Jeanne! Ich denk’ an sie zur Mittagszeit, wenn alles ruhig ist, ich sorge mich, sie ist unten in der Stadt. Hodiriadu.”

Offizielles Libretto, Winzerfest 1927, Vevey, 1927

SCHAUSPIEL

Präsident: Emile Gaudard
Inszenierung: Edouard Vierne, durch A. Durec aus Paris wenige Wochen vor Beginn des Festes ersetzt, der die Inszenierung des Schauspiels rettete 
Musik: Gustave Doret
Libretto: Pierre Girard
Kostüme: Ernest Biéler

GEKRÖNTE WINZER

Jean Borlat
Jean Herzog
Henri Roux
Félix Dubuis (sowie 60 prämierte und ausgezeichnete Winzer)

ARENA UND BÜHNENBILD

Hufeisen: Biéler zeichnet als Kulisse eine mittelalterliche Stadtmauer (inspiriert von Estavayer, Lucens, Gruyères und Romont) mit 3 Toren, Türmen und einem Rundgang 16’000 Plätze
Kostüme im Stil des 18. Jahrhunderts

EIGEN- UND NEUARTIGKEITEN

Bauern, Korbflechter, Ziegenhirten
Messager boiteux (der hinkende Bote)
Noahs Rückkehr

DAS FEST IN ZAHLEN

2000 Statisten, 5 Musikkapellen, 1 Orchester mit 150 Mitwirkenden
6 Vorstellungen
Die Plätze kosten von 5.50 bis 82.50 Franken
Das Fest kostete 1’202’497 Franken
Ertrag: 216’215 Franken
Garantiekapital: 388’500 Franken, von 725 Unterzeichnern gewährt, mit einem Beitrag der Bruderschaft über 75’000 Franken

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Der von Gustave Doret dirigierte Chor, Winzerfest 1927

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Senner des Winzerfestes 1927, Zeichnung von Ernest Biéler

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Kleine Zuschauerin mit dem Banner des Winzerfestes 1927

ARMAILLIS

Die Senner des Winzerfestes 1927, Zeichnung von Ernest Biéler
JEUNE_FILLE_VACHE
Modernität und Traditionen kommen während des Winzerfestes von 1927 zusammen: die Almhüttenmagd mit Fotoapparat und Armbanduhr

SERVANTE_CHALET